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Wo der Weihnachts-Stress aufhört und der Weinachts- Weingenuss beginnt

Shirley Amberg


Als Charles Dickens schrieb, «es war die beste aller Zeiten, es war die schlimmsten aller Zeiten», da bin ich mir sicher, meinte er die Weihnachtszeit. Persönlich finde ich, dass der richtige Wein vieles wiedergutmachen kann. Oder zumindest erträglicher. Oder alles Gute noch besser.


Wein zum Weihnachtsessen

Mit all seinen Traditionen und Bräuchen ist Weihnachten für viele Menschen das beliebteste Fest des Jahres. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich Weihnachten immer mehr als Familienfest etabliert: Gemütliche Tage, wo man die Gesellschaftsspiele herausholt, fein isst und trinkt. Für viele Menschen spielen die christlichen Wurzeln zunehmend eine eher untergeordnete Rolle.


Wein und Weihnachten

Es ist ein alter Brauch, an Weihnachten Wein zu trinken. Die Geschichte des Wunders von Jesus, als er bei der Hochzeit zu Kana Wasser in Wein verwandelte, festigte die Bedeutung des Weins in christlichen Traditionen und Festlichkeiten. Im Mittelalter spielten Klöster eine zentrale Rolle, was den Wein angeht: Die Mönche bauten und pflegten die Weinberge und perfektionierten die Weinbereitungstechniken. Wein floss bei praktisch allen kirchlichen Zeremonien – und besonders viel davon am Weihnachtsfest.

 

Die Wein-Raffinesse der Renaissance

Die Renaissance führte zu einer neuen Wertschätzung der Weinkultur in ganz Europa. Adel und Oberschicht schwelgten in rauschenden Weihnachtsfeiern, bei denen üppige Weine im Vordergrund standen. Die opulenten Bankette und Feste der Renaissance machten den Wein in der Weihnachtszeit zu einem Symbol für Stil und Luxus. Mit der Kolonialisierung der Neuen Welt erweiterte sich der Brauch des «Weihnachtsweins ». Europäische Siedler führten den Weinbau nach Amerika und Südafrika ein und bereicherten so die Vielfalt der Weine, die für die Weihnachtsfeierlichkeiten zur Verfügung standen. In der Neuzeit haben sich die Weihnachtsweintraditionen zu einem globalen Fest entwickelt. Wein verkörpert den Geist des Miteinanders und des Feierns. Das Klirren der Gläser, die gemeinsame Zeit am Tisch und das fröhliche Lachen verkörpern für viele die Essenz von Weihnachten.


Wein und Weihnachtsessen – die Grundregeln

Einfach gesagt, gibt es zwei Geschmäcker in Speisen, die sich positiv auf den Wein auswirken können: Säure und Salz. Dagegen lassen Süsse und Umani den Wein eher jämmerlich daherkommen. Säure in der Speise wirkt sich positiv aus, weil sie den Körper, die Süsse und die Fruchtigkeit des Weins verstärken kann. Zudem wirken sehr säurebetonte Weine etwas harmonischer, wenn die Speise viel Säure besitzt. Salz im Essen lässt säurereiche Weine ebenfalls weicher erscheinen. Zudem lassen sie die Tannine etwas geschmeidiger wirken. Umami und Süsse im Essen dagegen wirken sich eher negativ aus, da sie die Bitterkeit, Tannine, Säure und Alkohol im Wein betonen und die Fruchtigkeit des Weins mindern.


Welcher Wein denn nun?

Beginnen wir mit den Klassikern. Auch wenn ich kein Verständnis dafür habe, dass man Foie Gras isst: Sauternes passt dazu, so sagt man. Aus der Theorie greifen muss ich auch bei Austern. Champagner, was denn auch sonst? Was soll ich sagen – Allgemeinwissen.


Lachs, Braten und Gans

Je leichter der Fisch (inkl. Gewürzen) ist, desto leichter und frischer darf der Wein sein. Je schwerer der Fisch, desto schwerer der Wein. Nicht die Farbe des Weins spielt eine Rolle, sondern die Aromatik, die Balance. Geräucherter Lachs verlangt nach Schaumwein – aber bitte immer vor dem Trinken die Lippen abtupfen, sonst riecht das Glas samt Inhalt fischig. Ist der Lachs grilliert, passt ein üppiger Pinot Noir. Oder, um traditionell zu bleiben, die weisse Variante, Pinot gris oder Viognier aus dem Wallis. Frische, säurebetonte (die Säure gleicht das Fett aus) und aromatische Weissweine passen zu gebratenem Lachs. Hauptsache, der Wein ist trocken. Beispielsweise ein trockener Riesling, trockener Vouvray oder ein Arneis aus dem Piemont.

Braten sind meist eher von dunklem Fleisch, wie Rinderbraten, Wildschweinbraten, Entenbraten und dergleichen. Chianti, Dornfelder oder Spätburgunder passen da ganz vorzüglich. Zu einer Gans reicht man am besten einen kräftigen Wein mit mächtig Tannin: Pinot Noir, Brunello, Bordeaux. Weil: Fett und Tannin neutralisieren sich - das Gleiche gilt für Fett und Säure.


Châteaubriand und Truthahn

Zu Châteaubriand reicht man Bordeaux, Roter Côtes du-Rhône, Argentinischer Malbec, Barolo oder Shiraz. Beim Truthahn geht es weniger um das Fleisch, sondern vielmehr um die Füllung. Will man nicht von Opulenz erschlagen werden, braucht es einen erfrischenden Wein. Mit einem kräftigen Gewürztraminer oder einem dominanten Rosé macht man sicher nichts verkehrt.


Fondue Chinoise

Beim Weihnachtsklassiker schlechthin wird es richtig schwierig: All die verschiedenen Saucen – von Cocktail- über Knoblauch- bis zum Curry-Dip – machen die Weinauswahl zu einer Herausforderung. Ich würde vorschlagen, man stellt ein Weinbuffet mit vielleicht fünf oder sechs verschiedenen Weinen auf. Es ist schliesslich Weihnachten. Schwererer Barbera (aber nicht zu schwer und lieber ohne Barrique), alternativ ein leichter Chianti oder einen jungen Spanier wie Tempranillo oder Rioja sind beim Fondue Chinoise gute Begleiter.


Käse-Fondue

Zum Käse-Fondue, da passt, ist klar, ein Schweizer Weisswein. Am besten gehaltvoll und trocken. Aber auch Weiss- oder Grauburgunder aus Deutschland oder französischer Viognier machen sich sehr gut. Ein Chardonnay aus Übersee mit Barrique-Ausbau gibt dem urchigen Gericht ein internationales Flair.


Tatar

Spezielles Essen braucht keinen spezielleren Wein. Spanischer und italienischer Rotwein passt da eigentlich immer gut. Will man es ein bisschen leichter: Chardonnay mit Barrique-Ausbau aus Kalifornien oder Australien.


Pilz-Stroganoff

Sauvignon blanc lindert die Deftigkeit - will man es aber deftig haben: ein roter Franzose aus der Côte-Rôtie rundet das Ganze sehr schön ab.


Saffran Risotto

Bardolino, Sangiovese di Romagna, Montepulciano di Abruzzo oder Valpolicella … gelüstet es einem eher nach Weisswein: Soave, Frascati, Pino Grigio oder Orvieto.


Trüffel Tagliatelle

Soll der Wein sich dem dominanten Geschmack der Trüffel unterstellen? Oder lassen wir dem Erdgewächs den Vortritt? Wer sich – wie ich – unschlüssig ist, wählt einen alten, fetten, voluminösen und komplexen Chablis. Möchte man Rotwein, so gilt dasselbe: Der Wein muss fett sein. Er muss an seinem Höhepunkt angelangt sein, damit er der aromatischen Komplexität einer Trüffel gerecht wird.


Pastetli und Filet im Teig

Zu Blätterteig-Pastetli passt die feine Hefenote eines Champagners, zum Filet im Teig ein Pinot Noir aus der Bündner Herrschaft oder dem Wallis. Die perfekte Kombination von Wein und Speise ist so selten anzutreffen wie die perfekte Partnerschaft. Wenn man sie erlebt, weiss man es sofort, und das Glücksgefühl ist gross. Zwischen «völlig unpassend» und «perfekter Harmonie» gibt es viele spannende Kombinationsmöglichkeiten. Und letztlich ist alles abhängig vom persönlichen Geschmack. Was die eine Hälfte sehr gut findet, gefällt der anderen ganz und gar nicht

 

Die einfachsten Regeln:

  • Salzige Speisen brauchen Weine mit einem hohen Säuregehalt, da Salz die Säure neutralisiert und die Aromen verstärkt. Mineralisch betonte Weissweine wie Grüner Veltliner können sogar ein versalzenes Essen charmant retten.

  • Fettreiches Essen braucht Säure oder Tannine. Die Opulenz und Schwere wird so gemildert.

  • Schwere, intensive Gerichte zu schweren, intensiven Weinen.

  • Leichte Speisen zu leichten Weinen.

  • Süsse spielt mit Schärfe! Würziges, pikantes Essen braucht einen erfrischenden Wein.

  • Fruchtige Weissweine mit wenig Restsüsse passen wunderbar zu fruchtig-pikanten Gerichten.

  • Mit einem Wein aus derselben Region wie das Gericht macht man selten etwas falsch.


Artikel aus dem Hotelière

Seit vielen Jahren ist «Hotelier» das offizielle Verbandsorgan des Schweizer Sommelierverbandes ASSP-SVS.

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